Respekt und Vertrauen

Das Bellevue di Monaco in München

Juni 24
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Unser genossenschaftliches Projekt „Bellevue di Monaco“, ein Wohn- und Kulturzentrum für Geflüchtete und Nichtgeflüchtete in der Innenstadt, entstand aus einem Aktionsbündnis, das durch die Organisation der Münchner Massendemonstrationen gegen Pegida um den Jahreswechsel 2014/2015 eine große Dynamik entfaltet hat. Das Sich-Zusammentun, das Mobilisieren und Demonstrieren waren also von Anfang an grundlegend für unsere Arbeit.

Nachdem 2016 der Pachtvertrag für die Gebäude mit der Stadt München unterschrieben und 2018 die Sanierung abgeschlossen war, verlagerte sich der Fokus zunächst vom Aktivistentum darauf, den Regelbetrieb sicherzustellen. Wir wollten und wollen mit konkreter Arbeit überzeugen und pragmatisch, unaufgeregt und mitmenschlich ein wirkliches Ankommen der Geflüchteten bei uns ermöglichen. Beratungen, Sprachkurse und Unterstützung bei Ausbildung und Beruf wurden immer deutlicher Schwerpunkte.

Die Überzeugung, dass Helfen besser als Ausgrenzen ist, war lange Zeit über das gesamte demokratische Spektrum hinweg Konsens. Schließlich hat Deutschland nicht nur eine besondere Geschichte, sondern im globalen Vergleich auch große Handlungsspielräume. Die breite gesellschaftliche Unterstützung für Geflüchtete in den Jahren ab 2014 zeigte dies sehr deutlich. Mittlerweile versucht die Politik allerdings, den Geflüchteten das Leben so schwer wie möglich zu machen. Dabei werden teure und uneffektive Mittel wie die „Bezahlkarte“ eingesetzt, die in ähnlicher Form ja wegen des immensen Aufwands und der letztlich verursachten Kosten für die Allgemeinheit schon einmal abgeschafft wurde. Lagerpflicht, Arbeitsverbot, eingeschränkte Gesundheitsversorgung und ständig drohende Abschiebungen sind Gängeleien, die Integration verhindern und massive soziale Probleme hervorrufen. Wie sehr das Geflüchtete belastet, wie kompliziert und fast unerreichbar dadurch die einfachsten Dinge werden, die für jeden anderen selbstverständlich sind, sehen wir im Bellevue täglich.

Bellevue di Monaco mit Dachsportplatz © Bellevue di Monaco

Schon allein deswegen können wir es nicht bei der praktischen Hilfe belassen und arbeiten auch nach außen aufklärend. Mit Partnern wie dem Bayerischen Flüchtlingsrat, ProAsyl, der Seebrücke und etlichen anderen informieren wir über die Zustände in den bayerischen Flüchtlingslagern oder lassen Augenzeugen von den EU-Außengrenzen oder der Seenotrettung auf dem Mittelmeer berichten. Immer wieder versuchen wir, für diese Themen eine Öffentlichkeit herzustellen: Gegen die Arbeitsverbote für Geflüchtete protestierten wir vor dem Haus der Bayerischen Wirtschaft und gegen die Quarantänemaßnahmen in den Flüchtlingslagern vor dem bayerischen Innenministerium. Zuletzt gaben wir, ohne es zu ahnen, im Herbst 2023 auf dem Odeonsplatz mit „Zammreißen – Bayern gegen Rechts“ quasi den Auftakt zu den ganzen großen Demos der letzten Wochen und Monate.

Unsere Utopie ist, dass in Zukunft ein Großteil unserer Arbeit überflüssig wird. Dass die Politik anerkennt, dass wir längst ein Einwanderungsland sind und dass unsere Gesellschaft ohne Zuwanderung schlichtweg nicht mehr funktionieren würde. Dafür sind Gesetze, die komplementär zum Asylrecht eine sichere und menschenwürdige Migration ermöglichen, mehr als überfällig.

Damit dies eine breite Mehrheit mitträgt, müssen weiterhin Vorurteile und Ängste abgebaut werden. Nur durch Begegnung und gegenseitiges Kennenlernen können wirklich Verständnis, Respekt und Vertrauen entstehen. Im Bellevue geschieht dies jeden Tag.

Grisi Ganzer

ist verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bellevue di Monaco